Entscheiden in Stresssituationen
Tennisspieler müssen ständig Entscheidungen treffen, berufstätige Menschen auch und Familienmanager sowieso. Grund genug, einen der erfahrensten deutschen Fußballschiedsrichter zu einem Impulsvortrag zum Thema „Entscheiden in Stresssituationen“ auf unsere Anlage einzuladen. Rund 25 Vereinsmitglieder kamen in den Genuss einer inspirierenden, humorvollen und interaktiven Abendveranstaltung mit dem ehemaligen DFB-Schiedsrichter Lutz Wagner, der in seinem Sport heute als DFB-Regelexperte, Schiedsrichter-Coach und Ansprechpartner für Medienvertreter zur Regelauslegung tätig ist. Mit der Erfahrung aus mehr als 450 Profispielen weiß der 58-Jährige, was es heißt, im Fokus der Aufmerksamkeit zu stehen und dennoch einen kühlen Kopf zu bewahren. Sein Tipp: „Man sollte auf eine Situation vorbereitet sein. Das kann man planen und trainieren.“
Nur 0,7 Sekunden liegen im Schnitt zwischen einer entscheidungsrelevanten Situation auf dem Fußballplatz und dem Pfiff des Schiris. Gute Spielleiter zeichnen sich laut Wagner dadurch aus, dass sie im Moment des Pfiffs bereits mehrere Stufen zur konkreten Situation durchlaufen haben: erahnen, was passieren könnte, umfassend erkennen, was tatsächlich passiert und dabei nichts ausblenden, die Lage bewerten – und dann eben eine Entscheidung treffen. Hilfreich sei es zudem, wichtige und wiederkehrende Elemente im Entscheidungsprozess zu automatisieren, denn das schafft Ressourcen für Dinge, die ansonsten außerhalb des Fokus bleiben würden. Eine große Bedeutung schreibt Lutz Wagner der nonverbalen Kommunikation zu. Körpersprache, Gestik und Mimik müssen stimmen. In Stresssituationen rät er dazu, mindestens zwei Armlängen Abstand zwischen sich und dem Gegenüber einzuhalten; das mindert Anspannung und Aggression. Erkenntnisse aus dem Profisport, die sich bestens aufs Berufs- und Familienleben übertragen lassen. Eine professionelle Vor- und Nachbereitung gehört für Wagner, der auch international gepfiffen hat, dazu, ebenso wie Respekt als „ehrliche Anteilnahme am Tun und Lassen des anderen“. Für den Profisport gelte das ebenso wie für den Amateursport und insbesondere auch den Jugendsport.
Zum Ende des Impulsvortrags waren die TCK-Mitglieder gefragt: In einem abschließenden interaktiven Quiz sollte anhand von gelben und roten Karten eine Entscheidung getroffen werden, etwa ob eine vorgeführte Szene als Abseits zu werten ist oder nicht, ob ein Foul vorliegt oder nicht. Die vermeintliche Abfrage von Fußballregeln erwies sich jedoch als Test des zuvor Gehörten: Lasse ich mich durch die Körpersprache eines Spielers beeinflussen? Habe ich zum falschen Zeitpunkt entschieden? War ich voreingenommen oder habe mich von „Schubladendenken“ leiten lassen? Die Original-Schiedsrichter-Karten durften mit nach Hause genommen werden – sie werden uns noch lange an die unterhaltsamen Anekdoten und die wertvollen Tipps von Lutz Wagner erinnern.
Übrigens: Lutz Wagner berät nicht nur Profis und hält Vorträge in der freien Wirtschaft, er unterstützt auch Vereine in der Jugendarbeit und bei der Förderung des Ehrenamts. Auf ein Honorar für seinen Vortrag beim TCK verzichtete er zugunsten einer Spende an die Leberecht-Stiftung.